Politiker/in gesucht (Stadtblatt Kolumne)
Nicht nur in der Stadtverwaltung gibt es häufig personelle Wechsel in Kaderfunktionen, sondern auch in der Lokalpolitik. Bis zum Ende dieser Legislatur wird fast die Hälfte des 2022 gewählten Parlaments ersetzt sein. Nach knapp drei Jahren zählt das Bülacher Stadtparlament bereits 13 Rücktritte.
Einzelne Parteien mussten überraschend sogar nachnominieren – das heisst, die nachgerückten Personen standen gar nicht auf dem Wahlzettel bei den letzten Wahlen. Das ist zwar korrekt und legitim, doch stellt sich die Frage: Wie unattraktiv muss unsere Arbeit im Parlament wirken, wenn nicht einmal bereits demokratisch gewählte Personen willens sind, nachzurücken und die Partei spontan neues Personal suchen muss?
Und ehrlicherweise: Bei uns in der Partei sieht es ähnlich aus. In einem Jahr stehen Gesamterneuerungswahlen in Bülach an. Stadtrat, Parlament, Schulpflege – alle diese Ämter werden neu besetzt. Auf den zukünftigen Parteilisten sollten die motiviertesten und fähigsten Bülacherinnen und Bülacher vertreten sein, um unsere Stadt bei ihren Herausforderungen zu unterstützen. Aber ich wage zu behaupten: So schwierig wie es mit unserer Planung aussieht, dürfte es auch bei den anderen Parteien nicht viel besser sein.
Dabei erstaunt mich das. Ein öffentliches Amt bietet nämlich vieles: Spannendes, Herausforderndes und Geselliges. Vielleicht entspricht es dem Zeitgeist, sich nicht mehr in einem Milizamt für die Gesellschaft einzusetzen. Oder aber die Parteien haben schlicht ihr Marketing verschlafen. Deshalb missbrauche ich jetzt diese Kolumne als Stellenplattform – in der Hoffnung, dass sich vielleicht der eine oder die andere motiviert fühlt:
Stelleninserat: Stadtparlamentarier/in im Milizsystem gesucht
Arbeitsort: Dein Bülach (ganzes Stadtgebiet)
Beschäftigungsgrad: 100 % Herzblut
Lohn: Ja
Anstellungsbeginn: Nach den nächsten Wahlen 2026 – je nach Partei auch früher möglich
Deine Aufgaben:
• Entwickeln von genialen Ideen, wie man mit knappem Budget grosse Projekte umsetzt.
• Lösen von Problemen, die Du ohne Politik nicht hättest.
• Konsequent die eigene Meinung verteidigen – auch wenn sie gar nicht umsetzbar ist.
• Den heiligen Gral der Politik finden: den Kompromiss, der alle glücklich macht (Spoiler: Es gibt ihn nicht).
Dein Profil:
• Du bist wortgewandt – ob Du recht hast, ist zweitrangig, solange es überzeugend klingt.
• Offen für Diskussionen von links bis rechts – und bereit, beim Bier danach trotzdem alle wieder zu mögen.
• Du kannst gut zuhören, auch wenn jemand den gleichen Quatsch zum fünften Mal erzählt.
• Du brauchst keine politische Erfahrung – gesunder Menschenverstand reicht völlig aus (Optional).
Unser Angebot:
• Nervenkitzel bei Budgetdebatten.
• Demokratische Mittel, um Deinen Willen durchzusetzen – wobei die anderen dieselben Mittel haben, um das zu verhindern.
• Anerkennung, wenn Deine Idee tatsächlich mal funktioniert – oder zumindest nicht scheitert.
• Redezeitbeschränkung an Parlamentssitzungen.
Bewerbungen:
Abzugeben direkt bei der Partei Deiner Wahl oder – falls Dir das zu formell ist – einfach bei der nächsten Parlamentssitzung am Montag, 3. Februar um 19 Uhr im Ref. Kirchgemeindehaus eine Dir sympathische Person ansprechen.
Wir freuen uns auf Dich!